Der GR20... endlich ist es soweit
Der GR20 hat mich fasziniert, seit ich das erste Mal davon gehört habe... eine Wanderung in den Bergen Korsikas, außer direkter Reichweite des normalen Tourismus. Ein Traum wurde Wirklichkeit!
1. Von Calenzana zur Refuge d'Ortu di u Piobbu
Noch hatte ich keine Ahnung, was wirklich auf mich zukam, aber vielleicht war das auch besser so.
Das Wetter war nicht so besonders toll, der Himmel Wolkenverhangen, und ab und zu regnete es ein wenig. Aber was soll's, dachte ich mir, Wenn es zu schlimm wird, kann ich immer noch die Abzweigung nach Bonifatu nehmen, wenn es zu schlimm wird.
Es wurde nicht schlimmer, aber auch nicht besser. Bei schlechtem Wetter ins Gebirge (vor allem ohne jede Erfahrung), das sollte gut überlegt sein. Also rein ins Abenteuer, noch mal die Wegbeschreibung gelesen (anstrengend, aber nicht schwierig, keine wirkliche Kletterstelle) und weiter gehts bergauf.
Der Weg ist wirklich sehr gut markiert, es gab nur eine Stelle, an der ich unsicher war, aber auch das war schnell geklärt.




2. Von der Refuge d'Ortu di u Piobbu zur Refuge Carozzu
Der Wahnsinn in Tüten!
Heute geht es hoch hinaus, eine ganze Zeit lang immer nur hoch, hoch, hoch... und plötzlich öffnet sich ein überwältigendes Panorama... Berge, soweit das Auge reicht, der Weg verschwindet irgendwann hinter einem Pass, es ist einfach nur schön. Eine Weile geht es nur mäßig hoch und runter, dann am nächsten Pass geht es wieder 700m teilweise recht steil und dann auch im Wald hinab zur Refuge Carozzu.





3. Von der Refuge Carozzu nach Haut Asco
Heute geht es über die größte Hängebrücke auf dem GR20... oder auch nicht. Als ich das Teil sehe und schließlich ausprobiere, sagt mein Bauch: Niemals!
Gottseidank ist Wasser im Fluß nur wenige Zentimeter tief, und es gibt Seile, an denen man runter und wieder rauf klettern kann. Danach geht es über Felsterassen nach oben, bis man irgendwann zu Lac de Muvrella kommt. Hier ist eine belibte Pausenstelle, man hat bei gutem Wetter noch einmal den Blick zur Küste, bevor dieser verschwindet. Im Sommer ist der Lac de Muvrella meist ziemlich klein und ausgetrocknet, aber mit etwas Glück findet man irgendwo noch eine kleine Quelle.
Dann geht es weiter hoch zu einem Pass, die letzten Meter sind recht schwierig, weil der Boden steil und sandig ist... 2 Schritte vor, einer automatisch zurück. Nach dem Pass geht es erst einmal gemütlich weiter bis zur Bocca di Stagnu. Hier gabelt sich der Weg, die meisten Wanderer nehmen den Abstieg nach Haut Asco, nur wenige machen die nächste Etappe durch den Cirque de la Solitude auf dem direkten Weg.
Der Abstieg nach Haut Asco ist steil und sehr anstrengend, aber hier kann man wieder ein paar Lebensmittel einkaufen und ganz gut Essen.





4. Von Haut Asco zur Refuge Tighiettu
Die Königsetappe des GR20 steht an: Durch den Cirque de Solitude. Was hört man nicht alles an schrecklichen Geschichten... Nur für sehr geübte Bergwanderer, viel Erfahrung notwendig und was alles passiert und passieren kann.
Also sage ich mir: Probiere es einfach! Wenn es nicht geht, lauf zurück und sieh zu, wie du anders gehen kannst.
Der Aufstieg ist lang und anstrengend, aber ich habe ein paar nette Belgier getroffen, die mir dann auch weiterhelfen werden. Sie zeigen mir, wie man vernünftig an den Seilen runter- und wieder hochklettern kann, ohne dass es ein Problem gibt.
Der Cirque ist wirklich überwältigend. Sehr steil, nur an einer Stelle ein Seil, weil ein paar Felsen unglücklich im Weg nach unten liegen. Unten erst einmal eine Stunde Pause machen, dann geht es direkt in einen Klettersteig, und am Ende des Steigs direkt in Ketten, die am Berg befestigt sind. Zwar schießt mein Adrenalinspiegel rasant in die Höhe (ich bin in keiner Weise schwindelfrei), aber es ist doch recht einfach zu schaffen, und bevor ich den Anschluß verliere, muss ich da durch. Hinterher gesehen ist alles recht einfach, aber aufregend.
NAch dem Cirque geht es dann gemütlich nach unten zur Refuge Tighiettu. Nach der Anstrengung im Cirque de Solitude ein Kinderspiel, auch wenn es jetzt teilweise recht steil runter geht.





5. Von der Refuge Tighiettu zur Refuge Ciottuli di i Mori
Diese Wanderung verspricht einen etwas erholsameren Verlauf zu nehmen. Zwar sind viele Höhenmeter zu bewältigen, aber das ist auch alles.
Heute wird unterwegs gefrühstückt, nah bei der Refuge Tighiettu liegt die Bergerie de Ballone direkt am GR20. Hier bekommt man leckeres Essen und guten Kaffee.
Danach geht es dann wieder nach oben, der Weg ist stellenweise sehr feucht, hier wachsen diverse Sumpfpflanzen, unter anderen eine Pinguicula-Art, eine fleischfressende Pflanze, die Insekten auf ihren klebrigen Blättern fängt. Sind genug Insekten gefangen, rollt sich das Blatt ein und die Insekten werden verdaut.
Kurz vor erreichen des Passes zur Refuge Ciottuli di i Mori kommt starker Wind auf, was nicht wirklich fest gemacht ist, fliegt davon. Meine Kappe wäre beinahe auch weg gewesen.



6. Von der Refuge Ciottuli di i Mori zur Refuge Manganu
Heute steht die längste Wanderung des GR20 an. Über 20km sind heute zu machen, aber auch das ist kein Problem mehr.
Es geht erst einmal am Westhang von der Refuge hinunter ins Tal, hier hat man einen wunderbaren Ausblick. Der direkte Weg ist weit weniger interessant.
Wir folgen dem Weg weiter ins Tal, und nach gut 3 Stunden ist der Col de Verghio, eine ehemalige Ski-Station, erreicht. Das Hotel hier ist eigentlich das Tagesziel, aber kaum jemand bleibt hier. Der Tag hat erst begonnen, und der Weg zur Refuge Manganu ist machbar.
Also noch mal ein gutes Essen eingenommen, dazu ein Pietra (ein dunkles Kastanienbier, sehr lecker) getrunken und dann geht es weiter. die nacxhsten 1 1/2 Stunden geht es fast nur durch einen Wald, es gibt erst wieder etwas zu sehen ,wenn man am Col de St. Pierre wieder ins Freie kommt.
Hier geht es die letzte große Steigung hoch zum Lac de Nino. Das Hochtal ist zwar 1700m hoch, aber hier ist es im Sommer richtig heiß, weil es von den Bergen ringsum gut geschützt liegt. Glücklicherweise gibt es am See eine zuverlässige Quelle. Oft sind halbwilde Schweine oder Pferde rund um den See zu finden.
Das letzte Stück zur Refuge Manganu ist nicht sonderlich anstrengend, wenn man Glück hat, ist bei der Bergerie, die am GR20 liegt, jemand da, der Käse verkauft. Ein Leckerbissen, wenn man es mag.





7. Von der Refuge Manganu zur Refuge Petra Piana
Eine weitere Königsetappe: Nicht weil sie so schwer ist, aber sehr anstrengend und vor allem mit einem atemberaubenden Blick auf die beiden Seen Lac de Melo und Lac du Capitellu.
Es geht heute erst mal bergauf. Immer wieder über Terassen, dann leichte Kletterei, immer wieder. Dann der letzte Aufstieg zur Breche de Capitellu, sehr sehr anstrengend, wieder feines, loses Geröll und Sand... man kommt kaum noch vorwärts.
Sobald es geschafft ist, wird man mit einem der schönsten Ausblicke auf dem GR20 belohnt. Die beiden Seen funkeln im Sonnenlicht, es ist eine Pracht.
Es geht jetzt um die Seen herum, immer mehr oder weniger auf dem Grat entlang, schließlich geht es zum Col de la Haute Route, einem tiefen Einschnitt. Hier ist es selbst im Hochsommer bitter kalt, es liegt noch überall Eis und Schnee.
Dann geht es durch Erlengestrüpp nach unten zur Refuge Petra Piana. Kleiner Hinweis: Der Eingang liegt auf der anderen Seite Richtung Tal, nicht auf der, von der man kommt.




8. Von der Refuge Petra Piana zur Refuge de l'Onda
Heute steht nur eine einfache Wanderung auf dem Plan. Es geht runter ins Tal, und auf der anderen Seite wieder hoch zur Refuge.
Zuerst geht es den Fluß entlang ins Tal, schließlich in den Wald hinein. Der Fluß sieht zwar einladend zum Baden aus, aber Mann: Ist das Wasser kalt! Man merkt, dass wir immer noch im Gebirge sind und das Wasser noch keine Gelegenheit zum erwärmen hatte.
Im Tal gibt es einen Bauernhof, hier bekommt man gutes Essen und Kaffee, alles ist einfach, aber ganz nett.
Danach geht es durch den Wald noch etwas ins Tal, über eine stabile kleine Brücke und dann wieder nach oben zur Refuge de l'Onda. Ab hier wird die Wanderung recht langweilig, weil nichts mehr zu sehen ist.





9. Von der Refuge de l'Onda nach Vizzavona
Der heutige Tag ist einfach gesagt schlimm. Der Aufstieg zum nächsten Gipfel ist schnell gemacht, aber von da an wird der Weg zur Tortur. Sehr steil geht es ab hier nach unten, auf schiefem, glatten Fels. Durch diese Belastung bekomme ich gewaltige Probleme mit meinen Knien, als es weiter unten auf einen mehr oder weniger guten Weg geht, kann ich kaum noch laufen.
Die Cascade d'Anglais sind recht armselig in dieser Jahreszeit, es fehlt einfach an Wasser. In Vizzavona angekommen, wird erst einmal im Bahnhofslokal gut gegessen und getrunken, und dann geht es zur Gite.
10. Von Vizzavona zur Refuge Capanelle
Die Wanderung ist relativ lange und es gibt nur wenig zu sehen... der größte Teil verläuft im Wald.



11. Von der Refuge Capanelle zur Refuge Prati
Die heutige Wanderung ist lange, und erst gegen Ende wirklich interessant.
Es geht wieder lange durch den Wald, bis zum Col de Verde. Hier gibt es ein Lokal und eine Unterkunft, die man aber meiden sollte. Liegt nicht sehr schön, keine Aussicht, ziemlich langweilig und recht laut wegen der Auto-Touristen. Aber man kann einen guten Kaffee bekommen und auch ein Stück Kuchen ist um diese Zeit nicht zu verachten.
Nach dem Col de Verde geht es langsam aus dem Wald heraus, und auf dem Pass oben angekommen, wird man mit einer wunderbaren Aussicht über einen guten Teil der Ostküste belohnt. Dann ist der Rest des Weges in weniger als 1 Stunde geschafft.
Hier gibt es gute Duschen, mit endlich einmal richtig heißem Wasser. Jedenfalls, solange die Sonne scheint. Geheizt wird das Wasser nur mit Solarenergie.





12. Von der Refuge Prati zur Refuge d'Usciolu
Eine schöne Wanderung, es geht immer mal links, mal rechts vom Grat entlang. Der Ausblick auf's Meer wechselt mit der südlichen Bergwelt Korsikas.



13. Von der Refuge d'Usciolu zur Refuge d'Asinao
Heute steht wieder eine tolle Wanderung auf dem Programm. Es geht über den sudlichsten 2000er Korsikas, den Monte Incudine. Zwar ist die Wanderung lange, aber niemals langweilig. Ab der Bocca d'Agnone geht der Weg meist im freien Gelände entlang, die Sonne setzt einem hier schon mal zu. Der Aufstieg zum Monte Incudine ist dann zwar sehr anstrengend, aber technisch anspruchslos, und es wird wieder merklich kühler, was nicht unangenehm ist. Oben angekommen hat man einen tollen Ausblick, der für die Strapazen mehr als entschädigt.
Man hat das Gefühl, dass die Refuge d'Asinao fast genau unter einem liegt. Einer der Wanderer hatte einen Gleitschirm dabei. Einmal Anlauf genommen, und los geht es. Wir haben ihn dann am Abend in der Refuge wiedergesehen.





14. Von der Refuge d'Usciolu zur Refuge Paliri
Eine weitere tolle Etappe steht an: Es geht heute durch die Bavella-Gruppe. Eine fantastische Wanderung, ein letztes Mal im wirklich alpinen Bereich. Diese Wanderung ist zwar schon etwas schwieriger, aber mittlerweile stört das keinen von uns mehr. Wir haben auf dem GR20 schon genug Erfahrung gesammelt.
Es geht erst einmal etwas ins Tal, dann teilt sich der Weg. Der "normale" GR20 geht um die Bavella herum, wir nehmen die Abzweigung auf den alpinen Teil.
Sobald man oben aus dem Wald heraus kommt, ist man auch schon bei den ersten Türmen der Bavella. Diese Formationen sind atemberaubend, der Weg nicht immer ganz einfach, aber für uns ist das bereits Routine.
Am Ende der Bavella geht es dann steil hinab zum Col de Bavella, einen Touristenort mit einer häßlichen, großen Marienstatue. Aber hier gibt es wieder gutes Essen, man kann sich für den Weg zur Refuge Paliri noch einmal richtig stärken.
Hier kann man auch beobachten, wie die Tagestouristen mit völlig ungeeignetem Schuhwerk ins Gebirge laufen... die Krönung waren High-Heels. Die Dame hat sich nur beschwert, dass der Weg ja gar nicht ok sei. Nach ihrer Meinung war der Weg schlecht, nicht die Schuhe ungeeignet.





15. Von der Refuge Paliri nach Conca
Heute ist der letzte Tag auf dem GR20. Es geht jetzt wieder ins Tal hinab, bis auf gut 200m. Das heißt, dass es wieder richtig heiß wird unterwegs. deshalb bin ich heute sehr früh gestartet, um möglichst wenig in der heißen Mittagssonne laufen zu müssen.
Als die Sonne aufgeht, gibt es ein paar wunderbare Ausblicke zurück zur Bavella und ins noch wolkenverhangene Tal.
Leider habe ich vergeblich gehofft, dass es nicht so heiß wird. Der Weg geht, nachdem man aus dem Wald herauskommt, immer in der prallen Sonne entlang, die heute auch noch erbarmungslos auf uns herunter brennt.
Aber es gibt einen Lichtblick: Unterwegs kommen wir an einem künstlich aufgestauten Wasserbecken vorbei, das förmlich nach einem Bad schreit! Wunderbar!
Ansonsten ist diese Wanderung erstaunlich ereignislos.



